Die «Neue» zieht ein


Merlin schreibt:

 

Im letzten Jahr ist viel passiert. Roxette wurde unvermutet auf die Himmelswiese gerufen und ein neues Schäfimädchen zog bei uns ein. Aber der Reihe nach.

 

Im Frühjahr 2017 verbrachten wir wieder einen genialen Urlaub in Schweden. Darüber hat ja Roxette hier schon berichtet. Das toughe Schäfimädchen war da schon elf Jahre alt, aber fit wie eh und je. Den Frühsport mit Balli aus dem Wasser holen und Sandhüpfen hat sie jeden Tag voller Begeisterung mitgemacht. Auf den Wanderungen gab sie wie immer die versierte Anführerin, die nie müde zu werden schien. Im Sommer dann ging es ihr plötzlich immer schlechter. Meine Menschen besuchten mit ihr mehrere Male den Tierarzt, ohne das man etwas fand. Immer häufiger wollte sie die abendliche Gassirunde nicht mehr mitgehen. Stattdessen wartete sie geduldig vor dem Grundstück, bis Herrchen und ich wieder zurückkamen. Ende Juli dann die schreckliche Gewissheit: Roxette ist schwer krank und hat nicht mehr lange zu leben. Ihr Fünfjähriges bei meinen Menschen konnte sie noch mit dem Rudel feiern, doch wenige Tage später mussten wir sie gehen lassen.

 

Für das Rudel war das ein Schock. Ich war nun allein und meine Menschen waren tieftraurig über den Verlust. Würde ich wieder einen Hundekumpel bekommen oder fortan Einzelhund bleiben? Meine Menschen wollten sich Zeit lassen und erst einmal den Verlust ihrer geliebten Roxette verkraften. Doch dann ging alles schneller als gedacht.

 

An einem Sonntag Mitte August saß Frauchen beim Frühstück im Garten. Es versprach ein herrlicher Sommertag zu werden und Frauchen wühlte sich durch ihre Facebook-Posts. Bei einem blieb sie hängen und studierte ihn genauer. Als Herrchen aus dem Bett gekrochen war, zeigte sie ihm den Post. In der Nachricht war zu lesen, dass eine junge Schäferhündin dringend ein neues Zuhause suchte. Herrchen sah sich das Foto der Hündin an (das Bild oben) und war sofort Feuer und Flamme. Eine graue Schäferhündin war sein Traum. Er besprach sich lange mit Frauchen und tätigte anschließend einen noch längeren Telefonanruf.



Am nächsten Tag wurde ich nachmittags ins Auto gepackt und wir fuhren in den Hunsrück. Wir stiegen dort in einem Hotel ab und nach kurzer Zeit ging es schon wieder los. Am Rande eines Dorfes hielten wir und machten eine Gassirunde über grüne Wiesen. Mir war nicht ganz klar, was das alles sollte. Dann näherten wir uns von hinten einem Mann mit einer Schäferhündin. Ich merkte, dass meine Menschen ziemlich angespannt waren. Es wurde immer mysteriöser. Als die Hündin mich bemerkte, wurde sie hysterisch und bellte wie wild los. Wir kamen immer näher, das Mädchen beruhigte sich nicht. Dann waren wir auf Tuchfühlung und beschnupperten uns interessiert. Die Schäferhündin schien noch jung und war nach wie vor sehr nervös und laut. Wir liefen noch eine Weile zusammen, wobei das Mädchen langsam ein bisschen herunterkam, und kehrten schließlich im Zuhause der Hündin ein. Ich schaute mich kurz im Wohnzimmer um und legte mich dann ganz entspannt hin. Das Schäfimädchen dagegen war total aufgedreht und gab keine Ruhe, obwohl ihr Herrchen immer wieder beruhigend auf sie einredete. Irgendwann bin ich weggeknackt, während die Menschen miteinander redeten und die Hündin weiterhin keine Ruhe gab. Spätabends verabschiedeten wir uns und gingen zurück ins Hotel.

 

Am nächsten Morgen war Herrchen schon früh auf den Beinen und drehte mit mir die morgendliche Gassirunde. Die Sonne schien und wir marschierten durch die schöne Landschaft des Hunsrück. Nach einer Weile setzte er sich auf eine Bank und schaute mich lange an. «Was meinst du, sollen wir das Mädchen nehmen?», fragte er mich. Ich hatte mir da noch keine wirkliche Meinung gebildet, also blieb ich still. Vormittags trafen wir dann die Schäferhündin, die übrigens Njoy von den Querulanten hieß und zwei Jahre alt war, und ihr Herrchen wieder. Wir wanderten durch eine berühmte Klamm und die Menschen redeten viel miteinander. Zwischendurch führten Frauchen und Herrchen abwechselnd das Schäfimädchen. Nach der großen Gassirunde gingen wir zu Njoy´s Zuhause und ließen uns im Garten nieder. Njoy´s Herrchen zeigte meinen Menschen, was das Schäfimädchen so alles drauf hatte. Sitz, Platz und weitere Kunststückchen, alles nur mit Handzeichen. Meine Menschen war total beeindruckt, ich dagegen schaute dem Treiben eher gelangweilt zu.

 

Später ging ich mit meinen Menschen auf eine Gassirunde. Sie diskutierten die ganze Zeit und nahmen mich kaum wahr. Wieder zurück, ging alles ganz schnell. Gefühlt tausend Hundesachen wurden ins Auto verfrachtet, dann bedeutete man mir, ins Auto zu hüpfen, und ehe ich es mich´s versah, saß Njoy neben mir. Dann schlug die Heckklappe zu und wir fuhren los. Njoy begann wie wild zu jaulen und zu bellen, so als wüsste sie, dass sie ihr altes Zuhause im Hunsrück nie wieder sehen würde. Kaum waren wir auf der Autobahn, wurde sie still. Da lagen wir nun zusammen im Auto und sahen uns fragend an. Würde Njoy jetzt bei uns einziehen?



Sie tat es. Die ersten Tage mit Njoy waren krass. Vor jede Gassirunde führt sie in der Diele einen Veitstanz auf, lief dann schreiend zur Tür hinaus und zog die ganze Runde wie wild an der Leine. Das konnte ja heiter werden mit dem Mädchen. Doch die eigentliche Herausforderung stand uns noch bevor, denn es sollte bald wieder nach Schweden gehen.

 

Später habe ich erfahren, dass meine Menschen die Njoy eigentlich erst nach dem Urlaub zu sich nehmen wollten. Aber es eilte, also wurde das Mädchen gleich eingepackt. Den Schwedenurlaub hatten meine Menschen schon lange für Roxette und mich geplant. Stattdessen kam jetzt also die «Neue» mit auf die Reise. Meine Menschen und ich waren im Vorfeld ziemlich skeptisch, ob das gutgehen würde, da Njoy bisher auf ungewohnte Situationen immer hysterisch reagierte. Aber alles ging gut und das Schäfimädchen war auf der Reise eine erstaunlich brave Maus.

 

Unser Reiseziel war wieder das geniale Ferienhaus in Fredön, ganz nah am Wasser, wo wir schon zweimal unseren Urlaub verbracht hatten. Es war Anfang September und das Wetter anfangs eher schlecht. In den ersten Tagen regnete es viel, aber in den Regenpausen ging es immer sofort raus, sodass Njoy und ich nach Herzenslust auf dem Grundstück herumtoben konnten. Das Mädchen lebte sich erstaunlich schnell im neuen Rudel ein und genoss fortan den Urlaub in vollen Zügen. Als mittlerweile versierter Schwimmer habe ich täglich meine Runden in der Ostsee gedreht. Ich kannte das ja schon alles. Njoy war da anfangs vorsichtiger, aber nach ein paar Tagen war auch sie eine richtige Wasserratte. Zudem stand sie voll auf Balli-aus-dem-Wasser-holen, was Herrchen glücklich machte. Ich finde dieses Spiel ja eher langweilig.

 

Roxette hatte sich nie viel aus meinen Lieblingssportarten, dem Federballspielen und Sandhüpfen, gemacht; sie war nur immer dabei, um mich zu kontrollieren. Ganz anders Njoy. Sie fand meine Lieblingsspiele von Anfang an genial und war sofort dabei. Das freute mich. Beim Federballspielen überließ sie mir schnell immer den ersten Ball, der zweite gehörte dann ihr. Auch beim Sandfangen haben wir uns meist ideal ergänzt, auch wenn es schon ab und zu Zoff gab.



Natürlich haben wir auch wieder Wanderungen unternommen. Eine davon ging ins Naturreservat Stendörren. Mir schwante dabei im Vorfeld schon Schlimmes. Ja, natürlich mussten wir wieder über diese blöde Hängebrücke gehen, wo man unten das Wasser durchschimmern sieht. Es half nichts, ich musste mich wieder langsamen Schrittes über dieses schaukelnde Etwas tasten. Drüben auf der Schäre ging es mir dann wieder besser und ich schwamm cool ein paar Runden in der Ostsee. Njoy war das alles nicht geheuer und sie war auf der ganzen Wanderung hippelig wie Zebulon. Aber insgesamt hat sie den Urlaub sehr entspannt genossen und sich gut bei uns eingelebt.

 

So kam ich dann doch viel schneller als gedacht zu einem neuen Schäfimädchen an meiner Seite. Wir sind ein gutes Team, auch wenn Njoy mit ihrer permanenten Eifersucht und ihren hysterischen Anfällen schon manchmal arg nervt. Aber wenn wir dann zusammen Federball spielen oder Sandhüpfen veranstalten, ist die Welt wieder in Ordnung.



P.S. Die tollen Bilder der jungen Njoy stammen von Ralf. Tausend Dank dafür.


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